Regionen

Insolvenzanfechtung §§ 134, 135 InsO BGH, Urteil vom 27.02.2020, Az. IX ZR 337/18

Aufgrund eines Darlehensvertrages vom 12. Januar 2012 gewährte der Beklagte den Eheleuten V. ein  Darlehen. Vereinbarungsgemäß sollte das Darlehen der Autohaus … GmbH (Schuldnerin), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann V.   war, zur Beseitigung einer Liquiditätslücke zur Verfügung gestellt werden. Der Beklagte überwies den Betrag von 1.000.000 € direkt an die Schuldnerin. Im Februar 2012 zahlte die Schuldnerin einen Teilbetrag in Höhe von 550.000,00 € an den Beklagten zurück. Im Juni 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der Insolvenzverwalter (Kläger) forderte den im Februar 2012 gezahlten Darlehensbetrag vom Beklagten zurück.

Der Kläger stütze seine Anfechtungsansprüche insbesondere auf §§ 135, 134 InsO

Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines nachrangigen Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

Der BGH stellte fest, dass der Beklagte weder direkt noch mittelbar Gesellschafter der Gemeinschuldnerin war. Auch ein Umgehungstatbestand liege nicht vor. Selbst, wenn der Beklagte den Darlehensvertrag unmittelbar mit der Schuldnerin geschlossen hätte, wäre die Rückzahlung des Darlehensbetrages im Jahr vor dem Eröffnungsantrag nicht nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar gewesen. Der Beklagte war und ist nicht Gesellschafter der Schuldnerin und steht einem solchen auch nicht gleich.

Eine Anfechtung nach § 134 InsO scheidet ebenfalls aus. Nach § 134 Abs. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist. Der Kläger hielt diesen Anfechtungstatbestand schon deshalb für gegeben, weil ein Darlehensvertrag nur zwischen dem Beklagten und den Eheleuten V. bestanden habe, nicht zwischen dem Beklagten und der Schuldnerin. Entgegen der Ansicht des Klägers erfolgte die Rückzahlung deshalb jedoch nicht rechtsgrundlos. Durch die Zahlung vom 05. Oktober 2012 hat die Schuldnerin ihre Rückzahlungspflicht gegenüber den Eheleuten V. erfüllt; diese erfüllten zugleich ihre Rückzahlungspflicht aus dem Darlehensvertrag mit dem Beklagten. Mit dem Erhalt der Zahlung vom 05. Oktober 2012 hat der Beklagte seine Forderung auf Rückzahlung der Darlehenssumme gegen die Eheleute V. verloren. Er hat die Leistung damit nicht unentgeltlich erhalten. Dafür, dass die Eheleute V nicht in der Lage waren, die Darlehensschuld gegenüber ihrem Darlehensgeber zurück zu zahlen, hatte der diesbezüglich beweispflichtige Insolvenzverwalter nichts vorgetragen. Wäre die seitens der Gemeinschuldnerin erfüllte Kreditforderung - also der Anspruch des beklagten Kreditgebers gegenüber dem Eheleuten V - wirtschaftlich wertlos gewesen, dann hätte der Leistungsempfänger nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung des Schuldners angesehen werden kann. Die Leistung auf eine fremde Schuld ist dann als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (BGH, Urteil vom 03. März 2005, a.a.O., S. 280; vom 16. November 2007).